Freitag, 8. Februar 2013

Taschenbuch à la Parisienne: Rilke und Hemingway statt Chloé und Chanel

Wer ist Olympia Le-Tan? Samtrote Lippen, hautenges Kleid, schwarze Spitzenstrumpfhose und Pumps, von deren Spitze ein keckes Katzengesicht grinst. Sie sieht aus, als sei sie einem Fünfziger-Jahre-Film entsprungen. "Ich bin nicht besonders modern" sagt Le-Tan von sich selbst. Die Liebe für die Ästhetik der fünfziger und sechziger Jahre habe sie von ihrer Mutter, den Faible für Bücher dagegen von ihrem Vater Pierre Le-Tan, einem gefeierten Illustrator. Er entwirft auch die Drucke für ihre Stoffe. Seit zwei Saisons macht Le-Tan auch Prêt-à-Porter und zeigt ihre Kollektion während der Pariser Modewoche. 
Der Werdegang: Sie studierte in ihrer Geburtsstadt London italienische Literatur, bevor sie mit 19 als Praktikantin, später als Stylistin für Gilles Dufour – Karl Lagerfelds rechte Hand – bei Chanel arbeitete. Sie ging mit ihm zu Balmain und war dann für Dafours Label tätig, bevor sie den Schritt zur eigenen Geschäftsgründung wagte. Die Geschichte ihrer außergewöhnlichen Handtaschen begann Ende der neunziger Jahre in der Pariser Boutique Colette. Le-Tan kam mit einer selbst gemachten Handtaschen am Arm in den Laden, einer Art Shopper mit aufgestickten, japanisch anmutenden Figuren. Sarah Lerfel, die Gründerin von Colette, wollte diese Tasche sofort für ihren Laden bestellen. Danach wurden auch andere Boutiquen auf sie aufmerksam.
Was macht Sie? Seit drei Jahren verkauft die 35-jährige Designerin ihre limitierten Minaudières und trifft mit der Mischung aus surrealistischem Witz und Studentinnen-Charme einen Nerv. Wer möchte nicht wie eine junge Germanistin mit einem Buch in der Hand an der Seine entlang schlendern? Rilke, Goethe, Dostojewski, Hemingway – eine Le-Tan zeigt Haltung. Die als Taschenbücher getarnten Buchtaschen der Designerin sind mit einem feinen Liberty-Baumwollbatist bezogen und werden aufwändig mit Seidengarn handbestickt. Jede Handtasche ist nummeriert, mit Olympias Namensetikett versehen und auf 16 Stück limitiert (die Glückszahl ihrer Schöpferin). Am Anfang waren es einfach Ihre Lieblingsbücher, jetzt sind es Themen. Auch individuelle Aufträge nimmt sie an – vorausgesetzt, die Bestellung entspricht ihrem eigenen Geschmack. "Die Leute wollen ständig "Vom Winde verweht". Aber es gibt Grenzen. Wenn die Person nachher damit rumspaziert und innen mein Name steht, muss ich mich ja schämen." Man kann sie wohl als Leseratte bezeichnen, intellektuell findet sich Olympia Le-Tan allerdings nicht. "Ich liebe zum Beispiel "My Oncle Oswald" von Roald Dahl. Die Geschichte ist super lustig, aber bestimmt nicht intellektuell. 
Wer gehört zu Ihren Kunden? Eine der ersten, die so zu einer Filmpremiere ging, war die Schauspielerin Tilda Swinton. Es folgten Natalie Portman, Michelle Williams und die französische Aktrice Clémence Poésie.
Quelle: Die Zeit


 

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